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Piero Mazzoleni: «Nur Fakten schaffen Vertrauen»

Der Tessiner Rechtsanwalt Piero Mazzoleni (73) hatte das Präsidium des Schweizer Tierschutz STS nach einer turbulenten Phase Ende Januar 2024 übernommen. Er bleibt nach seinem Rücktritt per Mitte März 2025 Mitglied des Zentralvorstands bis Ende Oktober 2025. In seiner Amtszeit hat Mazzoleni, der 25 Jahre in der Tessiner Lokalpolitik aktiv war, wichtige Weichenstellungen bei der Reform der grössten Schweizer Tierschutzorganisation massgeblich mitgeprägt.


Piero Mazzoleni, was waren die grössten Herausforderungen als Präsident?
Die Menschen im und um den STS standen für mich im Mittelpunkt. Vertrauen wieder aufbauen war das Wichtigste nach dem Krisenjahr 2023. Ich habe mir Zeit für viele direkte Gespräche mit Mitgliedern des Zentralvorstands, den STS-Mitarbeitenden und den STS-Sektionen genommen. Um dem STS mehr Stabilität zu geben, die Wogen zu glätten und die Reform der Organisation voranzutreiben. Vieles ist nun auf gutem Weg. Deshalb ist jetzt auch der richtige Moment für einen Wechsel. Ich möchte allen, die sich für einen starken STS, für mehr Tierschutz und Tierwohl einsetzen, ein grosses Dankeschön aussprechen.

Welche Reformen konnten Sie während Ihrer Amtszeit anstossen oder umsetzen?
Ich konnte den notwendigen Veränderungen und der Modernisierung mehr Kontinuität verschaffen. Wir haben das Finanzwesen transparenter gemacht, einen Geschäftsführer eingestellt und eine funktionierende Geschäftsleitung etabliert, mit einem Geschäftsreglement die Zuständigkeiten klar geregelt sowie die Kommunikation mit Mitarbeitenden und Sektionen verbessert. Aber am wichtigsten war, Ruhe in die Organisation zu bringen und Frieden zu stiften. Wir sind bis jetzt nicht perfekt, aber haben bereits viel verändert. So gesehen war Einigkeit in meiner Zeit als Präsident bedeutender als Perfektion.

Sie haben oft von der Wiederherstellung des Vertrauens gesprochen. Inwiefern ist dies gelungen und wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?
Nur Fakten schaffen Vertrauen. Das geht nicht von einem auf den anderen Tag. Vertrauen muss man sich mit Tatkraft verdienen. Wir zeigen an vielen Orten mehr Transparenz, und das ist der einzig richtige Weg. Zu erwähnen ist auch, dass der Zentralvorstand den Sektionen mit der Reformgruppe einen Ort gegeben hat, wo sie sich zentral in die Statutenrevision einbringen konnten. Das hat sicher dazu beigetragen, dass auch die Sektionen wieder mehr Vertrauen in den Dachverband haben.

Der STS wurde Ende 2024 von der Zewo-Liste der problematischen Organisationen gestrichen. Wie wichtig war dieser Schritt für den STS?
Das war auf jeden Fall ein Meilenstein auf unserem Reformweg. Die Zewo hat das nur gemacht, weil sie verstanden hat, dass wir ihre Kritikpunkte ausgeräumt haben. Sonst hätte die Zewo den STS nicht von der Liste gestrichen. Im Sommer wird sich der STS einem freiwilligen Zewo-Audit unterziehen, was bisher noch keine andere Tierschutzorganisation gemacht hat. Wer den STS in der Vergangenheit kritisiert hat, sollte jetzt anerkennen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Was waren für Sie persönlich die Höhepunkte während Ihrer Zeit als STS-Präsident?
Wie gesagt, die Begegnungen mit den Menschen waren das Schönste. Und ich weiss jetzt noch viel besser, wie unsere Mitglieder funktionieren, also die 71 Tierschutzorganisationen in der ganzen Schweiz und in Liechtenstein. Ihre direkte Tierschutzarbeit an der Basis kann man gar nicht hoch genug einstufen. Der STS selbst hat andere Aufgaben und seine Mitarbeitenden machen ebenfalls eine hervorragende Arbeit. Ich bin stolz auf die ganze Organisation und alle, die dazu gehören.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Position des STS in der Schweizer Tierschutzlandschaft?
Der Tierschutz in der Schweiz ist stark zersplittert, aber alle haben das gleiche Ziel: die Tiere schützen. Der STS mit seiner Grösse könnte künftig eine vereinende Rolle noch stärker ausspielen. Gerade politisch wäre dann die Kraft der Tierschützenden viel grösser. Denn Tiere können sich bekanntlich nicht selbst verteidigen.

Was wünschen Sie Ihrer Nachfolgerin oder Ihrem Nachfolger, um den STS erfolgreich in die Zukunft zu führen?
Ich wünsche mir, dass das neue Präsidium den gemeinsamen Marsch der Erneuerung an sein Ziel führt. Dass es den STS weiter modernisiert, noch schlagkräftiger macht und den Zweck des STS immer in den Vordergrund seines Handelns stellt: das Tierwohl verbessern und Tiere schützen. Konflikte müssen zwar ausgetragen werden, sind aber nicht unsere Hauptaufgabe.

Am 17. Oktober 2024 hatte der amtierende Präsident Piero Mazzoleni seinen Rücktritt für März 2025 angekündigt. Er hatte sein Amt Ende Januar 2024 übernommen. Der Zentralvorstand setzte daraufhin eine Findungskommission ein, die gemeinsam mit Vertretern der Sektionen und der Geschäftsleitung ein Anforderungsprofil für seine Nachfolge erarbeitete. Das neue Präsidium wird am 15. März 2025 an einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung gewählt.

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