Versuchstierhaltung
Problematische Versuchstierhaltung
Für Versuchstiere gelten grundsätzlich nicht die gleichen Haltungsbedingungen wie für ihre Artgenossen in der Heim- und Wildtierhaltung, obwohl die Ansprüche der Tiere an eine artgerechte Haltung die gleichen sind und in der Tierschutzverordnung aber unterschiedlich geregelt sind. Die Mindestanforderungen für Versuchstiere liegen vielfach wesentlich tiefer als die für ihre Artgenossen. Sie werden lebenslang in beengten Behältnissen, weit entfernt von artgerechter Tierhaltung und oftmals einzeln, ohne ihre Sozialpartner, gehalten.
Obwohl dies gemäss der geltenden Tierschutzbestimmungen auch für Versuchstiere nicht erlaubt ist. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen zudem auf, dass die nicht artgerechten Haltungsbedingungen die Versuchstiere zu erheblichen Belastungen für die betroffenen Tiere führen, zu Dauerstress und Verhaltensstörungen führen, sie krank machen und zu vielen Abgängen führen. Vor diesem Hintergrund scheinen Versuchsergebnisse und Aussagekraft aus der tierexperimentellen Forschung wenig robust. Ein direkter Nutzen für die menschliche Gesundheit scheint so nicht gegeben und das Leid der Tiere ist gross.
Der STS setzt sich dafür ein, dass Versuchstieren grundsätzlich die gleichen Haltungsbedingungen zugestanden werden, wie den anderen Tieren ihrer Gattung
im Heim- oder Wildtierbereich.
Minimalanforderungen Heimtiere
vs. Standard Versuchstiere
Heimtiere | Versuchstiere | |
---|---|---|
Nagematerial | frische Äste, Weichhölzer | Nichts vorgeschrieben |
Klettermöglichkeit | Äste, Leitern, Seile | Nichts vorgeschrieben |
Rückzugsorte | Häuschen etc. für alle Tiere | Nichts vorgeschrieben |
Nestmaterial | Heu, Stroh… | Meist etwas Zellstoff |
Futter | Heu, Stroh (grobstrukturiert), Körner | Futter-Presswürfel |
Haltung | Mindestens 2 Tiere | Einzelhaltung möglich |
Mindestmasse Heimtierhaltung vs. Standard Versuchstierhaltung
Versuchstierhaltung und ihre Grenzen
In den letzten Jahren sind in Europa durch Umfragen mehr als 250 000 Antworten zum Wohlergehen von Versuchstieren eingegangen. Auch die Schweizer Bevölkerung wurde zu Tierversuchen und zur Versuchstierhaltung befragt. Die Ergebnisse sind klar: Rund drei von vier Befragten ist es ein sehr grosses Bedürfnis, dass Versuchstiere artgerecht gehalten werden – selbst wenn es Mehrkosten verursachen würde. Wenn schon Tierversuche, so die landläufige Meinung der Schweizerinnen und Schweizer, dann so artgerecht wie möglich und ohne zusätzliche Belastung durch unzureichende Haltung.
Wer sich mit unserer Tierschutzgesetzgebung auseinandersetzt, begegnet häufig täuschend wohlklingenden Formulierungen wie «Schutz der Würde und des Wohlergehens, Gewährleistung artgemässen Verhaltens»; mehrere Grundsätze suggerieren eine Realität der Stimmigkeit: «Den Bedürfnissen der Tiere ist in bestmöglicher Weise Rechnung zu tragen und für ihr Wohlergehen ist zu sorgen», «keinem Tier darf ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden», «es darf nicht in Angst versetzt oder in anderer Weise in seiner Würde missachtet werden», und: «Tiere zu misshandeln, zu vernachlässigen oder unnötig zu überanstrengen, ist verboten.»
Wer aber genauer hinschaut, muss feststellen, dass das Gesetz gerade Versuchstieren oft kein artgerechtes Leben ermöglicht. Damit verstösst es gegen die eigenen Grundsätze und negiert die tierschützerischen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger an die Haltung von Versuchstieren. Eine nicht artgerechte Haltung lässt Tiere leiden und macht sie krank, was die Aussagekraft von Tierversuchen verfälschen kann und das Experiment nutzlos werden lässt. Die in der Versuchstierhaltung häufig zu beobachtenden Verhaltensstörungen wie beispielsweise Stereotypien4, Aggressionen und Koprophagien (Kotfressen) sind Anzeichen für ein stark gestörtes respektive ausbleibendes Wohlergehen der Tiere und sind in der Regel auf falsche, schlechte oder unzureichende Tierhaltung und Dauerstress zurückzuführen.
Das Leiden unter unzureichenden Haltungsbedingungen betrifft einen grossen Teil der jährlich rund 650`000 in der Schweiz und der 12 Millionen in Europa genutzten Versuchstiere. Der Schweizer Tierschutz STS setzt sich dafür ein, dass Versuchstiere, wenn sie schon genutzt werden, wenigstens anständig gehalten und behandelt werden. Gleichzeitig kämpft er für den Ersatz von belastenden Tierversuchen durch Alternativmethoden.